Der Klimawandel ist eine Herausforderung, die uns alle betrifft. Die Veränderungen des Klimas haben nicht nur Auswirkungen auf unsere Gesundheit, sondern beeinflussen auch unsere Infrastruktur und die natürliche Umwelt. Doch welche Klimaauswirkungen erleben wir hier im Seeland und was können wir tun, um uns besser an die veränderten Bedingungen anzupassen? Mit den Klimainterviews mit besonders betroffenen Personen und Berufsgruppen und weiteren Infos, finden Sie hier die Antworten.
Wir wollen, dass alle in unserer Gemeinde verstehen, was der Klimawandel bedeutet und wie wir handeln können. Deshalb sprechen wir auch mit Menschen, die schon Erfahrungen mit den Veränderungen gemacht haben. Ihre Geschichten und Tipps können uns allen helfen, besser vorbereitet zu sein.
Der Klimawandel beeinflusst nicht nur globale Ökosysteme, sondern auch alltägliche Aufgaben lokaler Arbeitsgruppen wie die des Werkhofs. Mit 21 engagierten Mitarbeitenden, ist der Werkhof an vorderster Front mit diesen Veränderungen konfrontiert. Marco Läng, der Leiter des Werkhofs und erfahrener ehemaliger Bauführer sowie Vater von drei Kindern, erläutert, wie er und sein Team die Veränderungen bei der Arbeit erleben.
Welche Auswirkungen des Klimawandels merken Sie am stärksten?
Die grössten Auswirkungen sehen wir bei den Bäumen, die eine Art Sonnenbrand erleiden. Um sie zu schützen, verwenden wir in Lyss Schilfmatten gegen die Sonne und Schädlinge. Die Hitzetage beeinträchtigen auch unsere Infrastrukturen, da der Strassenbelag unter der anhaltenden Hitze leidet und dadurch stark abgenutzt wird.
Haben Sie mit Blick auf die häufigeren und intensiveren Hitzewellen die Bewässerung der Pflanzen angepasst?
Wir bewässern ungefähr einen Viertel (!) mehr als noch vor fünf Jahren. Dank neuer Bewässerungssäcke können wir Wasser, gezielter und kontinuierlich an die Bäume abgeben. Dies ermöglicht es uns, den Mehrverbrauch des Wassers auszugleichen und die Arbeit des täglichen Bewässerns zu sparen.
Wie wirkt sich die Verlängerung der Vegetationsperiode auf Ihre Arbeit aus?
Wir jäten durch die verlängerte Wachstumsphase der Pflanzen länger. Da wir auf Düngemittel mit Stickstoffbasis und Herbizide verzichten, machen wir vieles mit Heisswasser oder von Hand. Der Frühling fängt früher an, das merken wir, indem die Bäume und Gras schneller wachsen. Es sind keine grossen Veränderungen, sie kommen stückchenweise und schleichend, aber sie sind stetig. Und sicher bemerken wir auch, dass die Pflanzen später im Herbst noch in der Wachstumsphase sind. Zum Beispiel haben wir letzte Woche die Pflanzen noch zurückschneiden müssen und heute liegt der erste Schnee. Ebenfalls fällt das Laub viel später von den Bäumen. Normalerweise liegt das Laub Mitte November bereits am Boden, jetzt ist Anfang Dezember und draussen sehen wir immer noch Laub an den Bäumen.
Hat der Klimawandel aufgrund der milderen Temperaturen zu weniger anspruchsvollen Winterdiensten geführt?
Nein, die Winter sind nicht einfacher geworden. Es kommt sehr auf den Winter darauf an, 2022 sind wir sechs Mal für den Winterdienst ausgerückt, das Jahr zuvor waren es dreissig Mal. Die Jahre variieren sehr stark, und es ist schwieriger geworden, den Schneefall vorherzusagen. Wir haben es zunehmend mit Blitzeis als mit Schnee zu tun.
Welche Ratschläge können Sie für klimafeste private Gärten geben?
Ich empfehle, mehr Bäume zu pflanzen und Flächen zu entsiegeln, wie etwa Einfahrten, die auf Kies statt Asphalt basieren können. Auch begrünte Fassaden und Dächer sind effektiv. Wichtig ist, die richtigen Bäume am richtigen Ort zu pflanzen und bestehende Bäume nicht zu roden. Der Test auf dem Marktplatz letzten Sommer zeigte, dass ein Baum neben einem Pool die lokale Temperatur um 1 Grad senken kann.
Ist Lyss für die kommenden Klimaveränderungen gut gewappnet?
Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft; mehr Strassen entsiegeln, Bäume pflanzen und Grünflächen schaffen. Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Gemeinde klimaangepasster zu machen, müssen dabei aber finanzielle Rahmenbedingungen beachten.
Das Interview mit Marco Läng wurde am 30. November 2023 in Lyss geführt.
• Aufwerten des Siedlungsraumes
• Durchgrüntes Lyss
• Renaturieren von Fliessgewässern
• Sicherstellen von baulichen sowie betrieblichem Unterhalt zur Gefahrenabwendung
• Erbringen von Tiefbauarbeiten und Entsorgungen in der Gemeinde
• Bereitstellen von Infrastruktur und Logistikleistungen intern + extern
• Planen, Realisieren und Unterhalten der Abwasserentsorgungsanlagen
• Sicherstellen und Wahrnehmen Sammeldienste
• Betrieben von zentralen Sammelstellen für Wertstoffe sowie einer Tierkörpersammelstelle
• Sicherstellen und Wahrnehmen der Sammeldienste für Hauskehricht und Grüngut in Vertragsgemeinden
Niemand hat den Klimawandel über die Jahre so gut mitverfolgen können, wie Senioren und Seniorinnen. Die Gemeinde sprach mit dem pensionierten Ehepaar Marc und Madeleine Dinichert über Umweltbewusstsein, Generationen und weltweite Klimaprognosen.
Welche Klimaveränderungen haben Sie in den letzten Jahren bemerkt?
Marc: Im Alltag merke ich nicht viel. Aber über die Jahre gesehen stelle ich fest, dass es mehr heissere Tage und der Wind häufiger weht. In unseren Ferien am Murtensee merken wir, dass der Wind über die Jahre stärker geworden ist.
Madeleine: Am Murtensee habe ich Mühe mit der Bise. Es gibt Tage, an denen ich nicht raus kann, die ist dann so stark. Und das hat ganz eindeutig zugenommen.
Wie haben Sie die Hitzeperioden dieses Jahres im Juli und August erlebt?
Marc: Ich war erstaunt, wie gut es gegangen ist. In der Seniorenwandergruppe mussten wir dieses Jahr jedoch einmal eine Wanderung absagen, weil es zu heiss war und eine Hitzewarnung bestand. Wir wollten es nicht riskieren, denn ältere Personen sind anfälliger auf hohe Temperaturen. Bei Hitze fühle ich mich etwas schlapper, aber es stört mich nicht sehr.
Madeleine: Ich persönlich habe auch wenig Probleme die hohen Temperaturen auszuhalten. Ich bewege mich ein wenig langsamer und nehme mir die Zeit. Aber beim Nachdenken über die Klimathematik, da läuft es mir schon kalt den Rücken runter. Wir schauen oft Naturfilme in denen der Klimawandel, dadurch dass sich die Lebensbedingungen weltweit verändern, stets ein Problem darstellt. Das macht mir Sorgen.
Haben Sie auch manchmal ein schlechtes Gewissen gegenüber jüngeren Generationen?
Marc: Ich fühle mich nicht direkt schuldig. Wir müssen jedoch an die jungen Generationen denken und dafür sorgen, dass es ihnen klimatisch besser geht. Besorgniserregend ist, dass die Klimaprognosen übertroffen wurden. Die Gletscher schmelzen schneller und das Meer wird wärmer als angenommen. Es ist keine Panikmache, sondern es wird tatsächlich zu wenig getan. Weltweit geschieht erstaunlich wenig, obwohl die Wissenschaft klare Grundlagen bietet.
Madeleine: Ich habe kein schlechtes Gewissen. Wir haben bewusst gelebt, z.B. ein Auto mit einer anderen Familie geteilt und haben unseren Kindern von Klein auf Umweltbewusstsein mitgegeben. Sie mussten beispielsweise schon früh das Kompostkübeli leeren.
Heute sind geteilte Verkehrsmittel wieder im Trend. Haben Sie schon damals das Auto aus umweltgründen mit einer anderen Familie geteilt?
Marc: Ja das haben wir aus Umweltgründen gemacht. Mein Vater hat das schon vorgelebt; wir sind oft mit dem Zug gereist.
Madeleine: Meine Eltern hatten gar nie ein Auto; mein Vater war ein „Eisenbähnler“. Wir waren oft mit dem Zug unterwegs. Man übernimmt diese Lebensweisen und Werte von zuhause.
Was wünschen Sie sich von der Gemeinde Lyss, um sich den vermehrten Hitzetagen, häufigeren Extremereignissen und wärmeren Durchschnittstemperaturen anzupassen?
Madeleine: Im Kambly-Areal, in dem wir jetzt wohnen, ist alles im hohen Standard und mit Blick in die Zukunft gebaut worden, mit einem riesigen Gartenpark zum Spazieren und eine Tonne an Bäumen. Ganz optimal wäre eine Gebäudebegrünung gewesen, doch die Wohnungen sind sehr gut isoliert und man kann gut durchlüften.
Marc: Mir gefällt die kurze Distanz zu Erholungsräumen in Lyss. Besonders an wärmeren und windigen Tagen ist man schnell am Lyssbach oder im Wald, um dort etwas geschützt die Natur zu geniessen. Mir liegt es sehr am Herzen, dass die gesamte Gemeinde darauf achtet, verantwortungsbewusst mit unserem Wasser umzugehen.
• Informieren Sie sich über bevorstehende Hitzewellen
• Trinken Sie ausreichend
• Machen Sie regelmäßig Pausen
• Erholen Sie sich zur Abkühlung während Ihrer Pausen im Schatten in nahegelegenen Parks, Gärten, schattigen Hinterhöfen oder in kühleren Aufenthaltsräumen
• Kleiden Sie sich luftig mit einlagiger, atmungsaktiver Kleidung
• Fördern Sie Ihre Fitness, da regelmäßiger Sport das Herzkreislaufsystem stärkt und dessen Leistungsfähigkeit erhöht. Das Herzkreislaufsystem wird bei Hitze besonders gefordert
• Schwäche und Müdigkeit
• Verwirrtheit, Schwindel, Bewusstseinsstörungen
• Kopfschmerzen
• Muskelkrämpfe
• Trockener Mund
• Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
• Hohe Körpertemperatur
• Starkes Schwitzen
• Erhöhter Puls
Die Schule ist der Ort, an dem alle Kinder zusammenkommen. Zwei Jahre Kindergarten, sechs Jahre Primarschule, dann trennen sich die Wege in verschiedene Richtungen auf. Wir sprachen mit der ehemaligen Gemeinderätin Maya Bühler, wie die Schule mit Klimafragen umgeht. Die Heilpädagogin erzählt, wie die jüngste Generation tickt und ob Hitzefrei bald wieder ein Thema werden könnte.
Wie schätzen Sie das Umweltbewusstsein der jungen Generation ein?
Die Schulkinder sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Entsprechend gross sind die Unterschiede unter den Kindern. Es gibt Kinder, die das Umweltbewusstsein von klein auf mitbekommen haben und zum Beispiel nie ein Papierchen oder generell Abfall auf den Boden werfen würden. Das Gegenteil sehe ich bei Kindern, die weniger davon gehört haben oder öfter mit dem Auto zur Schule gebracht werden. Das ist ein Thema, das sehr stark von den Eltern geprägt wird. Erst in der Pubertät, wenn man anfängt sich zu individualisieren, kann es in eine andere Richtung gehen.
Wie steht es um die Toleranz gegenüber verschiedenen Werten?
Wenn man den Kindern die Unterschiede erklärt, ist das für sie klar und es gibt keine Probleme. Gerade bei den Kleinen ist es sowieso kein Problem, weil es noch kein Thema ist. Die Kinder merken die Unterschiede gar nicht. Erst ab der 3./4. Klasse merken die Kinder, dass es auch andere Sichtweisen als die Eigene gibt, davor wird meist nur die eigene Sichtweise und Denkweise wahrgenommen.
Wie wird das Thema Klimawandel in der Schule behandelt?
Bis zur sechsten Klasse ist dieses Thema nicht im Lehrplan verankert. Die Lehrpersonen bauen die Thematik in andere Unterrichtsinhalte ein. Das geschieht sehr unterschiedlich. Erst in der Sekundarstufe ist es klar; im Fach Natur und Technik ist die Klimathematik im Lehrplan festgehalten und es wird entsprechend darauf eingegangen.
Welche Probleme gibt es in der Schule an einem heissen Sommertag?
Das ist von Schule zu Schule und von Klassenzimmer zu Klassenzimmer sehr unterschiedlich. Hier im Schulhaus Herrengasse ist es in den oberen Stockwerken immer unglaublich heiss und in den unteren Stockwerken ist es viel angenehmer zu unterrichten. Nachts sind die Rollläden unten und die Fenster offen, tagsüber sind die Fenster geschlossen. In den warmen Räumen haben wir Ventilatoren. Wenn es nicht mehr geht, gehen wir in den kühleren Flur oder nach draussen. Draussen haben wir aber auch das Problem, dass wir nicht so viele Bäume und nicht so viel Schatten haben.
Wie wirkt sich die Hitze auf die Kinder aus?
Das ist schwer zu sagen, weil es sehr unterschiedlich ist. Wie bei den Erwachsenen, vertragen manche die Hitze besser als andere. Es gibt Kinder, denen man ansieht, dass es Ihnen zu heiss ist. Sie können sich nicht gut konzentrieren und bewegen. Anderen merkt man das gar nicht an, sie sind genauso unruhig und gesprächig wie sonst auch (lacht).
Wie ist es in der Pause, können sich die Kinder auch an heissen Tagen erholen?
Ich staune immer wieder, dass die Kleinen auch in der prallen Sonne Fussball spielen. Es gibt aber natürlich auch welche, die den Schatten suchen. An solchen Tagen erinnern die Lehrpersonen die Kinder daran, genügend zu trinken.
Wird das Thema hitzefrei bei starken Hitzewellen ein Thema?
Hitzefrei ist heute komplizierter als es klingt. Früher konnte man davon ausgehen, dass jemand zuhause war und die Kinder betreuen konnte. Heute sind oftmals beide Elternteile berufstätig und die Kinder sind auf die Tagesschule angewiesen. Man müsste sich also spontan auf die Tagesschule verlassen können, das halte ich für unrealistisch. Und selbst wenn die Kinder in der Tagesschule wären, es wäre dort ja auch heiss.
Die Landwirtschaft ist der Umwelt ausgesetzt. Ob es um die Bodenqualität, das Wetter oder die Tierwelt geht – all diese Faktoren können sich sowohl positiv als auch negativ auf die Produktion auswirken. Aufgrund des Klimawandels sowie der Einflüsse der Landwirtschaft auf die Umwelt, sieht Markus Bucher die Notwendigkeit, die Ernährungssicherheit durch neue Lösungen zu bewahren. Wie der Betreiber des Farnguts in Grossaffoltern die Natur in die Landwirtschaft einbezieht, hat er uns im Klimainterview erzählt.
Seit über einem Vierteljahrhundert sind Sie auf diesem Bauernhof tätig. Welche Veränderungen im Klima haben Sie in dieser Zeit beobachtet?
In den 27 Jahren hier habe ich vor allem bemerkt, dass die Wetterextreme zugenommen haben. Es ist entweder wochenlang zu trocken oder es regnet durchgehend. Besonders im Gedächtnis geblieben sind mir die extremen Hagelereignisse von 2021. Als Kind habe ich auch Hagel erlebt, aber nie in diesem Ausmass.
Ihr Hof wird nach den Prinzipien der Permakultur bewirtschaftet, einer Methode, die nicht geläufig ist. Können Sie uns erläutern, was Permakultur konkret bedeutet?
Permakultur ist ein Konzept, das weit über den Anbau von Gemüse hinausgeht und viele Aspekte des Lebens berührt. Im Kern geht es bei der Permakultur im Gemüseanbau darum, die Stoffkreisläufe zu schliessen und die Böden stets zu bedecken. Das heisst, sobald eine Ernte eingeholt wird, ist bereits die nächste Aussaat geplant oder wächst schon. Wir verbinden die Prinzipien der Permakultur mit der industrialisierten Landwirtschaft, um eine nachhaltige Bewirtschaftung zu ermöglichen.
Sie entscheiden sich bewusst für einen anderen Weg als die konventionelle Landwirtschaft. Was motiviert Sie zu diesem Schritt?
Wir machen es hauptsächlich dem Boden zuliebe. Nach zwei Jahrzehnten herkömmlicher Bewirtschaftung zeigte sich, dass wir nicht nachhaltig gewesen sind. Wir wollen dem Boden mit mehr Sorgfalt begegnen und mit der naturnahen Bewirtschaftung zur Ernährungssicherheit beitragen. Ein vielfältiger Anbau erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Teile der Ernte extreme Wetterbedingungen wie Trockenphasen oder starke Regenfälle überstehen können.
Wie unterscheiden sich die Anbauformen bei den stärkeren und öfters auftretenden Hagelereignissen?
Das Hagelereignis von 2021 hat deutlich gemacht, wie unterschiedlich die Anbauformen reagieren. Sowohl unsere Mischkultur als auch die Monokulturen wurden komplett zerstört. Doch der Unterschied zeigte sich rasch: Bereits nach einem Monat konnten wir im Permakulturbereich wieder bestimmte Gemüsesorten ernten. Das benachbarte Feld war so lange zu nass, dass es nicht befahrbar und letztlich nur für eine Gründüngung geeignet war. Dieses Ereignis hat die Resilienz der Permakultur eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Während wir im herkömmlichen Anbau einen Totalausfall zu beklagen hatten, konnten wir in der Permakultur trotz allem Erträge sichern.
Welchen Nutzen haben Strukturen wie Asthaufen, Steinhaufen oder Teiche für Ihren Betrieb?
Diese Elemente tragen wesentlich zur Vielfalt und Gesundheit des gesamten Ökosystems bei. Sie fördern Symbiosen mit nützlichen Organismen, die uns im Anbau unterstützen. Anstatt Schädlinge mit Chemikalien zu bekämpfen, setzen wir auf natürliche Helfer wie Blindschleichen, die Schneckeneier fressen. Diese Nützlinge finden in den Ast- und Steinhaufen Unterschlupf. Es dauert eine Weile, bis sich das System stabilisiert, aber letztendlich hat nahezu jeder Schädling einen natürlichen Feind.
Gibt es Unterschiede zwischen Gemüse aus Permakultur und solchen aus Monokulturen, die Ihnen oder Ihren Kunden aufgefallen sind?
Die Rückmeldungen unserer Kunden sind sehr positiv. Sie sagen, unser Gemüse halte länger und schmecke einfach besser. Ich selbst habe keinen Vergleich, denn ich esse ja nur unser eigenes Gemüse (lacht).
Oft hört man, dass Mischkultur sehr aufwändig sei. Warum entscheiden Sie sich trotzdem dafür?
Es wird viel über die Probleme in der Landwirtschaft gesprochen, sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik, doch echte Lösungsansätze sind rar. Wir im Farngut sehen in der Permakultur Lösungen und tüfteln daran, diese für die landwirtschaftliche Praxis genug attraktiv zu machen, dass sie nachhaltig und klimaresilient wird.
Als Revierförster hat Livio Pedrelli ein Arbeitsgebiet, das sich südwestlich bis an die Grenze Freiburgs und im Nordosten an die Grenze Solothurns erstreckt. Wie er mit dem Wald zusammenarbeitet und ihn so in eine zukunftsfähige Richtung lenkt, verriet er uns im verschneiten Lysser Wald.
Wie geht es dem Lysser Wald?
Der Lysser Wald befindet sich in einem sehr guten Zustand. Seit den Winterstürmen Vivian im Jahr 1990 und Lothar im Jahr 1999 haben wir einen strategischen Fokus auf die Vielfalt der Baumarten gelegt. Diese Stürme waren Wendepunkte, die uns dazu veranlasst haben, die Struktur unserer Wälder zu überdenken. Wir begannen, von überwiegend nadelholzreichen Wäldern zu solchen überzugehen, die reich an Laubbäumen sind. Wir sprechen über Zeiträume von 100 bis 150 Jahren, und diese Umstellungen sind jetzt etwa 20 bis 30 Jahre her. Die Phase der Umstrukturierung ist also noch immer im Gange.
Wie beeinflusst der Klimawandel die Waldwirtschaft?
Der Wald ist ein langfristiger Prozess, indem man nichts von heute auf morgen ändern kann, aber bei uns steht die Vorbereitung auf die Zukunft im Mittelpunkt. Mit der Verjüngung des Waldes kann man den Bestand gezielt lenken, um die Vielfalt zu erhalten.
Was bringt die Waldverjüngung für die Klimaanpassung?
Waldverjüngung ist für die Anpassung an den Klimawandel wichtig. Junge Bäume, die unter trockeneren Bedingungen wachsen, entwickeln tiefere Wurzeln und sind somit resistenter gegen Trockenheit. Ältere Bäume können sich nicht an neue Bedingungen anpassen und sterben in Trockenperioden eher durch Wassermangel. Durch natürliche Verjüngung entstehen junge Bäume an Standorten, an denen sie eine Zukunft haben. Unsere Aufgabe ist es, ihnen durch das Fällen älterer Bäume mehr Licht und Raum zum Wachsen zu geben.
Warum ist die Vielfalt für den Wald so wichtig?
Biodiversität ist für die Waldwirtschaft essenziell. Ein vielfältiger Wald mit unterschiedlichen Baumarten wie Föhren, Lärchen, Eichen, Buchen und Weiden mindert das Risiko eines grossflächigen Verlustes durch Schädlinge. Verschiedene Baumarten erweitern zudem die Rohstoffpalette, was die wirtschaftliche Flexibilität steigert. Biodiversität umfasst auch die Förderung natürlicher Prozesse wie dem Abbau vom Totholz, welches von einheimischen Insekten und Pilzen zersetzt wird. Ein diverses Ökosystem ist widerstandsfähiger, da die Natur bereits Lösungen für viele Herausforderungen bereithält. Der Wald braucht uns nicht, aber wir sind auf ihn angewiesen.
Was sind für den Wald die Herausforderungen des Klimawandels?
Ein Problem entsteht, wenn ganze Waldabschnitte oder Baumarten aufgrund von eingeschleppten Schädlingen wie Pilzen oder Insekten sterben. Diese Schädlinge, die ursprünglich nicht heimisch sind, gedeihen in unserem veränderten Klima besser. Zum Beispiel hat sich die aktive Periode des Borkenkäfers von zwei auf drei Generationen pro Jahr erhöht, bedingt durch längere Sommer. Das führt zu mehr Käfern, die wiederum mehr Bäume befallen. Ein spezifisches Problem ist das Eschentriebsterben, bei dem die Eschen von zwei verschiedenen Pilzen befallen wird. Als Reaktion darauf entfernen wir die Esche aus unseren Wäldern, in der Hoffnung, dass sie in einigen Jahrzehnten Resistenz entwickelt. Abgesehen vom Eschentriebsterben gab es glücklicherweise keine weiteren grossen Schäden im Wald.
Wie beeinflusst der Klimawandel ihre Arbeit?
Die Klimaerwärmung in der Schweiz um 1,5 bis 2 Grad, zeigt die Dringlichkeit einer klimafreundlichen Energieproduktion und -nutzung auf. Ausser der direkten Belastung der Mitarbeitenden, durch die öfter auftretenden Hitzetage im Sommer, beeinflusst der Klimawandel vor allem indirekt unsere Arbeit. Die Beobachtungen unterstreichen jedoch die Notwendigkeit, Massnahmen zur Reduzierung von CO2-Emissionen zu ergreifen und die Energieeffizienz zu verbessern, um die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern und die Lebensqualität für alle zu erhalten.
Fossile Brennstoffe sind bei Heizanlagen immer noch weit verbreitet, was sind die Alternativen?
Wärmepumpen und Fernwärmenetze sind wichtige Themen der Esag. Ein wesentliches Ziel dabei ist es, von der Nutzung fossiler Brennstoffe wie Erdöl und Gas wegzukommen. Wir haben 2015 mit dem Aufbau von Fernwärmenetzen begonnen und anfangs war es nicht leicht, Kunden dafür zu gewinnen. Doch mittlerweile hat sich die Situation deutlich verbessert, und fast jede Woche können wir einen neuen Haushalt an unser Fernwärmenetz anschliessen. Der Klimawandel verstärkt die Nachfrage nach nachhaltigeren Heizlösungen, was uns zugutekommt. Es ist ermutigend, dass wir durch unsere Arbeit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.
Mit der Energiewende will man nicht nur von fossilen Energieträgern wegkommen, sondern auch von Kernenergien. Welche erneuerbaren Energien helfen uns, diese Herausforderung zu bewältigen?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die Energiewende meistern werden, allerdings nicht ausschliesslich mithilfe von Photovoltaik-Anlagen. Diese erzeugen vor allem im Sommer Strom, also genau dann, wenn wir ihn am wenigsten benötigen. Jedoch kann Solarstrom eine wertvolle Unterstützung bieten, insbesondere nach langen Trockenperioden, wenn die Wasserstände in den Stauseen niedrig sind und die Wasserkraft nicht voll ausgeschöpft werden kann.
Was die Windenergie betrifft, so stehen wir in der Schweiz vor einigen Herausforderungen. Zum einen verfügen wir nicht über die konstant starken Winde, die in anderen Ländern zur Stromerzeugung genutzt werden können. Zum anderen machen die langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren die Projekte kostspielig. Es gibt allerdings Bestrebungen, diese Prozesse zu beschleunigen, was einen Teil der Lösung darstellen könnte. Letztlich benötigen wir einen Mix verschiedener Energiequellen, um die Energiewende zu schaffen.
In den trockenen Sommern wird mehr Wasser gebraucht. Werden die Verbrauchskapazitäten an heissen Sommertagen eingehalten?
In Zeiten anhaltender Dürre, besonders wenn der Wasserbedarf gleichzeitig stark ansteigt, stösst unsere Infrastruktur an ihre Grenzen. Die vorhandenen Pumpen und Reservoirs sind nicht darauf ausgelegt, den Bedarf zu decken, der entsteht, wenn beispielsweise in den Sommerabenden viele Menschen gleichzeitig ihre Gärten bewässern möchten. Dies ist für uns eine Herausforderung, da wir unsere Anlagen bis an die maximale Kapazität auslasten müssen.
Im Winter 22/23 sind mehrere Faktoren zusammengekommen und wir haben eine Energieknappheit erlebt und es wurde schweizweit zum Sparen appelliert, sollten wir das nicht immer machen?
Erst im letzten Jahr hat man begonnen, sich intensiver mit dem Thema Energieknappheit auseinanderzusetzen, was sehr positiv ist. Es schafft ein Bewusstsein dafür, dass Energieeinsparungen nicht nur möglich, sondern auch notwendig sind. Jede einzelne Person von uns kann zur Energiewende beitragen, indem wir Energie sparsam und effizient nutzen. Bevor wir über Atomkraftwerke diskutieren, sollten wir uns auf das Energiesparen fokussieren. Denn jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, muss auch nicht produziert werden. Nicht jeder Haushalt hat die Möglichkeit, eine Photovoltaikanlage zu installieren, aber Energie sparen kann jeder – und dabei lässt sich sogar noch Geld sparen.
Energie Seeland AG
Als lokale Anbieterin versorgt die Energie Seeland AG die Region Lyss und Umgebung mit Elektrizität, Wasser, Wärme und Telekommunikation. Das Unternehmen beschäftigt in Lyss rund 70 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
Mit der Beteiligung am Fernwärmenetz, hilft die Esag dabei, Gas und Öl Heizungen zu ersetzen und trägt dem Klimaschutz bei.
Das Wasser bezieht die Esag aus eigener Quelle und dem Grundwasser über die WVSAG.
Den Strom kauft die Esag von verschiedenen Produzenten ein, um einen möglichst attraktiven Preis anzubieten.
Einerseits ist es wichtig, dass wir alle zusammenarbeiten, um weniger Treibhausgase zu emittieren, dass der Klimawandel verlangsamt fortschreitet und bestenfalls stoppt. Das hilft, die Erwärmung der Erde zu verlangsamen. Andererseits sehen wir uns schon jetzt mit Veränderungen durch den Klimawandel konfrontiert, auf die wir reagieren müssen.
Ein weiteres Fortschreiten des Klimawandels hat mehrheitlich negative Auswirkungen. In der Schweiz droht extremeres Wetter mit trockeneren Sommern, heftigeren Niederschlägen, mehr Hitzetagen und schneearmen Wintern. In Gebirgsregionen ist mit zusätzlichen Risiken wie Felsstürzen und Murgängen sowie dem Verlust an Artenvielfalt zu rechnen.
Beobachtungsdaten zeigen, dass die starke Erwärmung Auswirkungen auf viele weitere Klimagrössen in der Schweiz hat:
Nicht versiegelte Oberflächen, wie zum Beispiel eine Kiesfläche anstelle eines asphaltierten Platzes, tragen einerseits dazu bei, Überschwemmungen bei starken Regenfällen zu verhindern, da das Wasser direkt in den Boden versickern kann. Andererseits sorgt eine solche Fläche für eine kühlere Umgebung, da die gespeicherte Feuchtigkeit verdunstet und dadurch einen kühlenden Effekt erzeugt.
Als Schutz vor Hitze hilft auch die Beschattung durch Bäume oder eine Umgebungskühlung durch Gewässer. Wichtig dabei ist es, einheimische Pflanzen zu verwenden. Denn durch die milderen Winter und wärmeren Sommer, profitieren vor allem auch Neophyten und Schädlinge, denen das veränderte Klima gut passt.
Übrigens: Auch der Lyssbachstollen ist eine Klimaanpassungsmassnahme, die Lyss erfolgreich vor Überschwemmungen schützt. Die Gemeinde entging mit dem Bau über 40 Millionen Franken Schaden: Gemeinde Lyss » Lyssbachstollen verhinderte Schäden von über 40 Mio. Franken
Hohe Temperaturen gefährden die Gesundheit insbesondere von älteren Menschen, Pflegebedürftigen, Personen mit chronischen Erkrankungen, Schwangeren, Kleinkindern, Säuglingen und Menschen, die im Freien arbeiten. Es ist wichtig, sich bei Hitzetagen, Tropennächten und Hitzewellen angepasst zu verhalten.
Vermehrtes Schwitzen kann zu hohen Flüssigkeits- und Elektrolytverlusten führen und das Erweitern der Blutgefässe lässt den Blutdruck fallen. Dadurch droht das Herz-Kreislaufsystem zu überlasten und es können hitzebedingte Erkrankungen wie Hitzeerschöpfung, Hitzschlag oder Sonnenstich entstehen.
Während Hitzewellen ist es wichtig den Körper kühl zu halten und mindestens 1.5 Liter Wasser am Tag zu trinken. Kleinere, leichte Mahlzeiten mit wasserreichem Obst und auch salzhaltige Lebensmittel helfen, den Wasser und Elektrolyten Verlust durch das Schwitzen wieder auszugleichen. Meiden Sie wenn möglich, direkte Sonneneinstrahlung und kühlen Sie sich mit kühlenden Lotionen, kalten Tüchern auf Stirn und Nacken, sowie kalten Fuss- und Handbädern.
Mehr Infos dazu: Bundesamt für Gesundheit
Weitere Informationen zur Klimaanpassung in den verschiedenen Sektoren und deren Herausforderungen finden Sie unter folgenden Links:
Anpassungen an den Klimawandel
Zentrale Herausforderungen bei der Anpassung an den Klimawandel
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